Doppelhaken mit Bocklafette,
wahrscheinlich Suhl um 1620

Replik eines Doppelhakens nach einem Original in den Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv. IV. D. 45. Herstellungsort des Originals: wahrscheinlich Suhl um1620

Gesamtlänge: 228 cm
Lauflänge: 169 cm

Kaliber (Bohrung):
27 mm, im Mündungsbereich aufgeschrotet auf 30mm

Gewicht: 19 kg

Ausgesprochen schwere Hakenbüchse. Am Beginn des vorderen Laufdrittels angeschmiedeter, gezahnter Haken. Lauf mit Gravour und Zierverfeilungen, mit aufgelötetem Korn und eingeschobener Kimme, hinten oktagonal, nach vorne in einen runden Außenquerschnitt übergehend. Im Mittelbereich zwei Schildzapfen zum Einhängen in eine Bocklafette mit Höhen und Seitenjustierung. Schweres Radschloss mit gefedertem Pfannenschieber und außenliegender Abzugsstangensicherung, kombiniert mit Luntenschnappschloss.



Der Doppelhaken in voller Länge von 228 cm. Deutlich zu erkennen der angeschmiedete Haken im Bereich des vordern Laufdrittels, welcher dieser Waffe ihren Namen gab. Mit diesem Haken konnte die Waffe zur Abminderung des erheblichen Rückstoßes in ein an der Mauerbrüstung oder Schießscharte angebrachtes Prellholz eingehängt werden. Doppelhaken wurden weniger im Feld, sondern häußig zur Verteidigung fester Plätze eingesetzt. Mit ihnen konnten großkalibrige Bleikugeln relativ zielgenau auf größere Entfernungen verschossen werden. Diese eigneten sich z. B. zum Beschuss feidlicher Artilleriestellungen, da bei einem Kaliber zwischen 24-28 mm und einem Kugelgewicht von bis zu einem 1/4 Pfund Blei, selbst erdgefüllte Schanzkörbe, Faschinenverbaue oder Bohlenverhaue durchschossen werden konnten.



Alternativ konnte der Doppelhaken mittels zweier Schildzapfen in eine Bocklafette eingehängt werden, welches sich bei stationärem Einsatz der Waffe anbot, weil es eine genauere Zieljustierung ermöglichte.



Kolbenboden des wuchtigen Schaftes mit Zeughaus-Inventarnummer der Veste Coburg. Die ursprünglichen Suhler Beschaumarken wurden durch Meistermarken von Armin König ersetzt.



Detailansicht des Radschlosses mit kombiniertem Luntenschnappschloss. Der Pfannenschieber schließt automatisch bei Druck auf die darunterliegende Taste. Der linksseitig sichbare Sicherungshebel blockiert die von innen nach außen durch einen Durchbruch der Schlossplatte greifende Abzugsstange. Der Durchmesser des mit einer ringförmigen Radabdeckung versehenen Reibrades beträgt 51 mm. Das Schloss hat ein Gesamtgewicht von 1,5 kg.



Gleiche Abbildung des Schlosses bei aktiviertem Luntenschnappschloss. Der dazugehörige Mechanismus ist äußerst simpel. Der Luntenhahn liegt mit einer Nase auf einem verschieblichen Gestänge auf. Im entsicherten Zustand wird dieses bei Betätigung des Drückers durch eine durch die Schlossplatte greifende Abzugsstange nach vorne geschoben, wodurch der unter Federspannung stehende Luntenhahn mit eingeklemmter, glimmender Lunte in die geöffnete Pulverpfanne fällt. Zur Funktionsweise des Radschlosses siehe den entsprechenden Beitrag unter dem Menüpunkt "Radschloss".



Ansicht des Schlossbereiches von schräg oben, mit in den Lauf eingeschlagener Jahreszahl 1624 (beim Original nicht vorhanden).



Der Lauf mit einem Seelendurchmesser von 27 mm ist im Mündungsbereich auf 30 mm aufgeweitet, um ein leichteres Einführen des relativ langen Setzkolbens zu gewährleisten. Aus diesem Laufkaliber wurde eine nur wenig unterkalibrige Rollkugel von ca. 25-26 mm Durchmesser und einem Kugelgewicht von ca. 100 Gramm verschossen.

Mit einer solchen Kugel wurde der bayerisch-ligistische Generalleutnant Johann Tserclaes Graf von Tilly am 15. April 1632 während der Schlacht bei Rain am Lech am rechten Oberschenkel kurz oberhalb des Knies verwundet, woran er wenig später, am 30. April, in Ingolstadt starb.

Die Kugel fand sich, zusammen mit dem Siegelrings Tillys, nach dem Tode des bayerischen Prinzregenten Luitpold in einem Geheimfach eines von Luitpold benutzen Schreibtisches aus dem Besitz Kurfürst Maximilians I. von Bayern.



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