Radschlossmuskete, Suhl vor 1634
Replik einer Radschlossmuskete nach einem Original im Inventar des Waffenmuseums Suhl. Herstellungsort des Originals: Suhl, zwischen 1630 und 1634
Gesamtlänge:
155 cm
Lauflänge: 115 cm
Kaliber (Bohrung): 18 mm
Gewicht: 5100 g
Lauf mit eingeschobener Kimme und ebenfalls schwalbenschwanz-förmig eingeschobenem Messingkorn, hinten oktagonal, nach den ersten Drittel in einen runden Außenquerschnitt übergehend, mit 6 halbradialen Zierverfeilungen im Übergangsbereich. Schaft braun lasiert und geölt, mit einem Ladestockband und einem Abschlußband im Mündungsbereich. Hölzerner Ladestock mit einem in den Metalldopper eingeschnittenem Innengewinde zur Anbringung eines Krätzers. Radschloß mit 3-fach verschraubter Schlossplatte. Darauf warm eingeschlagene Schmiedemarke von Armin König (anstelle der ursprünglichen Suhler Meistermarke). Sicherungshebel hinter dem Abzug, darüber löffelförmiger Schutzbügel.
Luntenschlossmusketen hatten, trotz ihrer Zuverlässigkeit und dem günstigen Preis, gravierende Nachteile. Sie benötigten eine glimmende Lunte, welche die Handhabung kompliziert machte, in überraschend auftretenden Gefechtssituationen zu Verzögerungen führte, für erheblichen Materialverbrauch sorgte und zudem bei Dunkelheit leicht gesehen werden konnte. Diese Nachteile ließen die Militärs und Büchsenmacher frühzeitig über Alternativen nachdenken. Eine Möglichkeit bestand darin, Musketen mit Radschlössern auszurüsten. Dieser Mechanismus war immer feuerbereit und benötigte keine ständig glimmenden Lunten. So bestellte beispielsweise im Jahr 1624 der sächsische Kurfürst Johann Georg bei der Gewehrhändler- und Rohrschmiededynastie Klett in Suhl für das Arsenal der Leipziger Pleißenburg unter anderem 500 Radschlossmusketen mit 2-löthigem Kaliber, welche für den Gebrauch bei Nacht vorgesehen waren. Nachteilig bei diesen Waffen waren allerdings der relativ hohe Preis und die Anfälligkeit der Technik. Deshalb wurden Radschlossmusketen meist nur an einen kleinen Teil einer Kompanie ausgegeben. In der Regel fanden sie in besonderen Einsatzbereichen, wie beispielsweise bei der Ausrüstung von Wachmannschaften oder zur Bedeckung der Artillerie, bei der offenes Feuer verboten war, Verwendung. Ihre Hauptverbreitung erreichten sie allerdings innerhalb von Dragonereinheiten, da die Handhabung der Lunte zu Pferd sehr unständlich war und Radschlösser, oder "Feuerschlösser", wie man sie damals nannte, hier erhebliche Vorteile brachten.
Detailaufnahme des Schlosses
Detaillaufnahme der Schlossaußenseite. Auf der Schlossplatte Schmiedemarke von Armin König (anstelle der ursprünglichen Suhler Meistermarke). Hahnfeder und Hahnstudel mit aufwändigen Zierverfeilungen. Der löffelförmige Abzugsbügel weist diese Radschlossmuskete als charakterische Waffe berittener Einheiten, vorzugsweise Dragonern, aus. Die Muskete wurde an einem Riemen quer über dem Rücken getragen. Dabei verhinderte der löffelförmige Schutz ein Hängenbleiben und damit eine Beschädigung des empfindlichen Abzugshebels an der Uniform des Trägers (die gleiche Löffelform des Abzugsbügels findet sich bei den kurzen Radschloßkarabinern der Arkebusiere, welche allerdings mittels eines Karabinerhakens in ein Bandelier eingehängt wurden). Als eigentliche Abzugssicherung bei dieser Muskete dient der hinter dem Drücker sichtbare Schiebehebel, welcher im gespannten Zustand des Rades die innnenliegende Abzugsstange blockiert (zur Erklärung der einzelnen Teile siehe die Funktionsbeschreibung des Radschlosses in der Übersicht).
Die Innenansicht des Schlosses zeigt, ebenso wie bei militärischen Radschlosspistolen, keine mechanischen Extravaganzen, aber eine auffallend präsise Fertigungs und Passungscharakteristik. Schön zu sehen ist hier der Eingriff der Rastenstange von innen durch die Schloßplatte in das davorliegende Reibrad. Im Gegensatz zu den meisten Suhler Pistolen, bei denen das Schloss meist nur zweifach mit dem Schaft verschraubt ist, ist die etwas größere Schlossplatte dieses Musketenschlosses mit dem Schaft der Muskete 3-fach verschraubt.
Diese Ansicht des Mündungsbereiches zeigt das schwalbenschwanzförmig eingeschobene Messingkorn. Die Bohrung des glatten (d. h. ungezogenen) Laufes beträgt 18 mm, was in etwa der damals gängigen Kaliberbohrung von 15 Kugeln auf ein Nürnberger Pfund (510 g) bzw. 13 Kugeln auf ein angelsächsisches Pfund entsprach, aus welcher eine rollende Kugel von 16 pro Pfund verschossen wurde (Kugeldurchmesser ca. 17-17,4 mm, oft auch als "2-löthige" Kugel bezeichnet). Insgesamt auffällig ist die aufwändige Visiereinrichtung der Waffe. Schießversuche haben ergeben, daß sich mit qualitativ hochwertigen Suhler Lunten- und Radschloßmusketen bei gut passender Kugel relativ gute Schußergebnisse erzielen lassen. Die weitverbreitete Ansicht, damalige Musketen hätten nur durch durch den Einsatz in großer Anzahl getroffen, gilt für diese Spezialwaffen mit Sicherheit nicht.
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